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Fragen des Datenschutzes in der Steuerverwaltung

(Entschließung der 13.Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 28.September 1982)

I.

l. Zur Kontrollbefugnis der Datenschutzbeauftragten

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes hat schon in ihrer Stellungnahme vom 8./9.1l.1979 dargelegt, daß die Steuerverwaltungen den Datenschutzbeauftragten nicht unter Berufung auf das Steuergeheimnis (º 30 AO) Auskünfte und Einsicht in Akten verweigern können. Die Steuerverwaltungen geben den Datenschutzbeauftragten in der Praxis Auskünfte und Akteneinsicht über Vorgänge, die unter das Steuergeheimnis fallen, bislang nur dann, wenn die Datenschutzbeauftragten aufgrund von Bürgereingaben tätig werden. Im übrigen sind die Steuerverwaltungen des Bundes und der Länder der Meinung, daß die Datenschutzbeauftragten bei Kontrollen von Amts wegen keine Vorgänge überprüfen können, die unter das Steuergeheimnis fallen.

Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, daß º 30 AO eine bereichsspezifische Geheimhaltungs- und Übermittlungsvorschrift ist. Nur insoweit geht sie, wie aus º 45 BDSG und den entsprechenden Vorschriften der Landesdatenschutzgesetze folgt, den Vorschriften der Datenschutzgesetze vor. Zur Datenschutzkontrolle sagt weder º 30 AO noch eine andere Vorschrift der AO etwas aus. Infolgedessen gelten für den Bereich der Steuerverwaltung uneingeschränkt

  • º 19 Abs. l Satz l BDSG und die entsprechenden Vorschriften der Landesdatenschutzgesetze (z.B. º 16 Abs. l LDSG Ba-Wü. .. º 26 Abs. l LDSG N.-W., º 18 Abs. l LDSG Nds.), wonach den Datenschutzbeauftragten auch die Kontrolle der Einhaltung anderer Vorschriften über den Datenschutz obliege, und
  • º 19 Abs. 3 BDSG und die entsprechenden Vorschriften der Landesdatenschutzgesetze (z.B. º 16 Abs. 3 LDSG Ba-Wü., º 18 Abs. 3 LDSG Nds) über die Unterstützungs- und Auskunftspflicht der kontrollierten Behörden.

Es wäre unverständlich und insbesondere mit dem eindeutigen Wortlaut der Datenschutzgesetze nicht vereinbar, wenn dem gesetzlichen Kontrollorgan das Steuergeheimnis entgegenge- halten werden könnte, dessen Einhaltung es gerade zu kon- trollieren hat. Eine im Rahmen der Datenschutzkontrolle not- wendige Offenbarung steuerlicher Verhältnisse gegenüber den Datenschutzbeauftragten geschieht daher nicht unbefugt i.S, von º 30 Abs. 2 AO. Die Datenschutzbeauftragten können - wie die Rechnungshöfe auch - ihrer gesetzlichen Kontrollaufgabe in der Steuerverwaltung nur nachkommen, wenn sie von ihren Kontrollbefugnissen uneingeschränkt Gebrauch machen können. Die Steuerverwaltungen müssen dadurch eine Erschwerung ihrer Arbeit nicht befürchten, da auch die Datenschutzbeauftragten die bei Kontrollen bekanntwerdenden Angelegenheiten nach º 18 Abs. 4 BDSG, den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen (z.B. º 1 LDSG Bremen, º 20 LDSG Berlin) bzw. aufgrund der beamtenrechtlichen Schweigepflicht geheimzuhalten haben.

Aber auch, wenn man der Auffassung der Finanzverwaltung folgte, daß die Kontrolle der Datenschutzbeauftragten das Geheimhaltungsgebot des º 30 AO beührt und º 30 AO insofern auch Vorrang vor den Kontrollvorschriften der Datenschutzgesetze einzuräumen ist, ergäbe sich hieraus keine Einschränkung der Kontro11befugnisse der Datenschutzbeauftragten:

º 30 Abs. 4 Nr. 2 AO erklärt die Offenbarung des Steuergeheimnisses für zulässig, wenn sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. º 19 Abs. 3 Satz 2 und 3 BDSG und die entsprechenden Regelungen der Landesdatenschutzgesetze (z.B. º 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 LDSG Ba-Wü.; º 26 Abs. 3 Nr. l LDSG N.-W.) sind gesetzliche Vorschriften, die eine ausdrückliche Befugnis zur Offenbarung gegenüber den Datenschutzbeauftragten enthalten, indem sie die Finanzbehörden verpflichten, den Datenschutzbeauftragten Einsicht in alle Unterlagen und Akten, namentlich in die gespeicherten Daten, zu gewähren sowie ihnen Auskunft zu geben. Folgte man der Auffassung der Finanzverwaltung, daß der Gesetzesvorbehalt des º 30 Abs. 4 Nr. 2 AO nur durch ein Bundesgesetz ausgefüllt werden kann, so käme man doch zu dem Ergebnis, daß die Voraussetzungen des Gesetzesvorbehalts gegeben sind, da die in den Landesdatenschutzgesetzen enthaltenen Kontrollvorschriften auf der bundesgesetzlichen Ermächtigung des º 7 Abs. 2 Nr. l BDSG beruhen.

Auch in anderen Bereichen mit gesetzlichen Geheimhaltungspflichten, wie z.B. im Sozialbereich mit dem Sozialgeheimnisse wird den Datenschutzbeauffragten nicht die gesetzliche Geheimhaltungspflicht entgegengehalten. Sozial- und Krankenhausbehörden erteilen den Datenschutzbeauftragten uneingeschränkt Auskünfte und gewähren stets Akteneinsicht, obwohl dort mindestens ebenso sensible Daten gespeichert werden wie in der Steuerverwaltung. Die Datenschutzkonferenz würde begrüßen, wenn im Zuge der anstehenden Novellierung der Abgabenordnung in º 30 die Kontrollbefugnis der Datenschutzbeauftragten klargestellt wird.

2. Zur Frage, welche Dateien die Steuerverwaltungen zur "Überwachung und Prüfung im Anwendungsbereich der AO" führen

Die Datenschutzbeauftragten bekräftigen ihre schon am 8./9.1l.1979 vertretene Auffassung, daß nicht sämtliche Dateien der Steuerverwaltung mit personenbezogenen Daten der "Überwachung und Prüfung im Anwendungsbereich der AO" dienen. Die Datenschutzgesetze räumen den Betroffenen grundsätzlich ein Recht auf Auskunft ein; nur in wenigen Ausnahmefällen legen die Datenschutzgesetze es in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde, ob sie Auskunft erteilt. Abgesehen von der bayerischen Sonderregelung, haben die Steuerbehörden - nur, soweit sie personenbezogene Daten zur "Überwachung und Prüfung im Anwendungsbereich der AO" speichern, nach pflichtgemäßem Ermessen Auskünfte zu erteilen und die Dateien zum besonderen Datenschutzregister zu melden; im übrigen sind die Steuerbehörden zur Auskunftserteilung verpflichtet und müssen ihre Dateien zum allgemeinen Datenschutzregister melden.

Diese Ausnahmeregelung für den Bereich der "Überwachung und Prüfung" bezweckt, die Funktionsfähigkeit der Steuerbehörden sicherzustellen. Sie kann deshalb nur Platz greifen, soweit die Steuerverwaltungen ihren Auftrag nicht wahrnehmen könnten, wenn sie jedermann offenlegen müßten, welche Art von Daten sie speichern und an welche Stellen sie diese Daten regelmäßig übermitteln. Mit der Einschränkung des Auskunftsanspruchs durch die Formulierung "zur Überwachung und Prüfung" im Anwendungsbereich der AO sollte eine Ausforschung der Steuerbehörden verhindert, diese aber sollten nicht weitergehend privielegiert werden .

Zwischen den Steuerverwaltungen und den Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes besteht Übereinstimmung, daß die Dateien der Betriebsprüfung (º. 193 A.O) , der Steuerfahndung (º 208 AO) , der Steueraufsicht (ºº 209 ff AO) und des Steuerstrafrechts (ºº 369 ff AO) im Rahmen der "Überwachung und Prüfung" geführt werden. Bei den meisten der sonstigen von den Steuerbehörden zum besonderen Register gemeldeten Dateien ist es dagegen nach Ansicht der Datenschutzkonferenz anders; hier ist eine Ausforschung in der Regel nicht möglich. Beispielhaft seien folgende Dateien genannt:

  • Vermögensteuer-Festsetzung (z.B. in Baden-Württemberg)
  • Einkommensteuer-Festsetzung (z.B. in Niedersachsen)
  • Lohnsteuerjahresausgleich (z.B. in Nordrhein-Westfalen)
  • Gewerbesteuerdatei -(z.B. im Saarland)
  • Einheitsbewertung des Grundbesitzes in Schleswig-Holstein.

In all diesen Fällen hat der Betroffene entweder die Daten selbst in seiner Steuererklärung den Steuerverwaltungen mitgeteilt oder erkennt sie aus seinem Steuerbescheid. Holt der Betroffene in diesen Fällen eine Auskunft ein, so erfährt er nichts, was er nicht ohnehin schon weiß. Kann der Betroffene die Steuerverwaltung aber nicht ausforschen, so sind uneingeschränkt Auskünfte zu erteilen und die Dateien zum allgemeinen Register zu melden.

3. Zur Zulässigkeit von Kontrollmitteilungen

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern, daß steuerbehördliche Aufklärungsmaßnahmen wegen ihres Eingriffscharakters auf eine eindeutige Rechtsgrundlage gestützt werden. Sogenannte Kontrollmitteilungen anderer Behörden an Finanzbehörden über steuererhebliche Sachverhalte lassen sich weder aus den Besteuerungsgrundsätzen des º 85 AO, der lediglich eine Aufgabenzuweisungsnorm darstellt, noch - im öffentlichen Bereich - allein aus den Amtshilfevorschriften der ºº 111 ff AO rechtfertigen. Die Amtshilfevorschriften enthalten lediglich Verfahrensregelungen und räumen keine materiell-rechtlichen Eingriffsbefugnisse ein.

Auch º 93 AO stellt keine Rechtsgrundlage für Kontrollmitteilungen dar. Diese Vorschrift begründet zwar eine Auskunftspflicht über für die Besteuerung des Steuerpflichtigen erhebliche Sachverhalte. Nichtbeteiligte dürfen aber nur im Einzelfall aufgrund eines konkreten Auskunftsersuchens in Anspruch genommen werden (º 93 Abs. 2 Satz l AO). Dabei ist sorgfältig zu prüfen, ob die Auskunft zur Feststellung des steuererheblichen Sachverhalts erforderlich ist (º 93 Abs. l Satz l AO). Nach dieser Vorschrift sind zunächst die Steuerpflichtigen selbst zu befragen. Nichtbeteiligte sollen nur in Anspruch genommen werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten tatsächlich nicht zum Ziele führt oder keinen Erfolg verspricht (º 93 Abs. l Satz 3 AO). Diese als Sollvorschrift formulierte Ausnahmeregelung muß beachtet werden, weil bei der Auskunftserteilung steuerliche Verhältnisse des Betroffenen offenbart und dadurch dessen schutzwürdige Belange beeinträchtigt werden können.

Nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten sind Kontrollmitteilungen wegen ihres Eingriffscharakters auf eine eindeutige Rechtsgrundlage zu stellen. Diese Rechtsgrundlage sollte so ausgestaltet werden, daß Mitteilungen - anders als bei der bestehenden Praxis - nur im unbedingt erforderlichen Umfang gemacht werden. Darüber hinaus sollten die schutzwürdigen Belange der Betroffenen auch dadurch berücksichtigt werden, daß die auskunftgebende Stelle die Betroffenen durch Übersendung einer Durchschrift der Mitteilung oder in anderer geeigneter Form unterrichtet.

II.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten appelliert an die Finanz- und Steuerverwaltungen des Bundes und der Länder,

  • den Datenschutzbeauftragten im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags uneingeschränkt Kontrollen zu ermöglichen;
  • bei der Auslegung des Begriffs "Überwachung und Prüfung im Anwendungsbereich der AO" dem Normzweck der Ausnahmebestimmung Rechnung zu tragen und, soweit eine Ausforschung nicht möglich ist, stets Auskünfte zu erteilen und die Dateien zum allgemeinen Register zu melden;
  • Kontrollmitteilungen wegen ihres Eingriffscharakters unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf eine eindeutige Rechtsgrundlage zu stellen und die schutzwürdigen Belange der Betroffenen dadurch zu berücksichtigen, daß die auskunftgebende Stelle oder Person die Betroffenen durch Übersendung einer Durchschrift der Mitteilung oder in anderer geeigneter Form unterrichtet.
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 am 11.03.1999
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